Meine Tochter war in ihrem zweiten Monat eine ziemliche Schlaftablette. Je nach dem wann sie aufgestanden ist, meistens irgendwann zwischen 6 und 9Uhr, hat sie vier bis fünf Mal unter tags geschlafen. Das nur leider nie wirklich lange. Meist war nach 40 Minuten wieder Schluss. Daher kam ich auch zu nicht sonderlich viel in dieser Zeit. Ich habe viel gelesen, mir sogar extra eine E‑book‑reader gekauft und auch angefangen zu häckeln und zu stricken. Da meine Tochter unter tags ständig Körperkontakt gesucht hat, war ich in der Bewegung sehr eingeschränkt, wodurch sich sitzende Tätigkeiten absolut angeboten haben. Um doch auch mal etwas im Stehen machen zu können habe ich mir eine Trage gekauft. Wir hatten zuerst ein geborgtes Tragetuch, welches sie jedoch komplett verweigert hat. Sie hat gebrüllt wie am Spieß und hat sich überhaupt nicht beruhigt. Wir haben dann eine Stofftrage, genauer eine Mai-Tai besorgt. Die sind komplett aus Stoff, werden immer mit langen Bändern geschnürt und erlauben eine Haltung wie in einem Tragetuch. Mir war besonders wichtig, dass sie korrekt sitzt, also mit rundem Rücken und in Anhockspreizhaltung. Die Trage hat sie wunderbar gefunden. Nur hat es dazu geführt, dass sie fast immer eingeschlafen ist. Da sie beim herausnehmen aber wieder aufgewacht ist, war meine Bewegungsfreiheit erneut überschaubar. Durch ihre Vielschlaferei, entstand das titelgebende tägliche Schlaf-Foto, das meine Mutter oft geschickt bekommen hat. Sie wollte immer gerne ihre Enkelin sehen, und ich kam selten dazu sie zu fotografieren, wenn sie gerade wach war.
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Schlafen ist gerade in den ersten Monaten ein Dauerthema, egal ob das Kind nun viel oder wenig schläft. Als Vielschläferin hat meine Tochter mich vor Herausforderungen gestellt, mit denen ich nicht unbedingt gerechnet habe. Wie schon im Kapitel zum ersten Monat erwähnt, habe ich darauf bestanden, dass sie nachts in ihrem eigenen Bett schläft. Das hat sie auch immer, mehr oder weniger die ganze Nacht. In der Früh, oft nachdem mein Mann aufgestanden ist, habe ich sie dann zu mir ins Bett genommen. Das hat uns beiden die Möglichkeit gegeben, noch ein bisschen weiter zu schlafen. Solange sie sich noch nicht wirklich beweget hat, also sich nicht umdrehen konnte, war das kein Problem. Ich habe allerdings eine Weile gebraucht, um zu lernen, wie ich mich hinlegen konnte, ohne zu verkrampfen. Ich hatte immer große Angst davor mich auf sie drauf zu legen. Und noch größer Angst, dass sie es irgendwie schaffen würde, sich in eine Polster oder eine Decke zu drehen und zu ersticken. Deshalb hatte sie meist vom 1,80m breiten Bett, gut zwei Drittel komplett leer geräumt, und ich habe mich mit dem Rest begnügt. Zum Glück bin ich nicht sehr groß. Unter tags war das etwas Anderes. Wie oben erwähnt hat sie eher auf mir geschlafen, und war nur mit Glück abzulegen. Daher habe ich es gar nicht erst versucht, sie tagsüber in ihr Bett zu verfrachten. Auch zudecken hatte sich schnell erledigt. Nachts schläft sie im Schlafsack. Da kann sie sich bewegen, aber kann sich nicht einwickeln oder sonst wie verheddern. Tagsüber hat sie einfach ohne etwas geschlafen. Ich habe es die erste Zeit mit einer Decke versucht, aber das hat sie sehr gestört. Sie war dann sehr unruhig und ist erst recht aufgewacht. Daher habe ich sie so gelassen. Sie hat meist nahe bei mir, oder auf mir geschlafen und auch nicht sehr lange am Stück, kalt ist ihr daher nie geworden.
Ich habe mir schnell angewöhnt, jeden Tag eine Runde spazieren zu gehen. Zum Einen hat es Struktur in meinen Tag gebracht, und das war mir extrem wichtig. Zum Anderen konnte ich so an die frische Luft und mich ein wenig bewegen. Dafür war meine Tochter im Kinderwagen. Da sie das Tragetuch zunächst nicht wollte, hätte ich es damit gar nicht erst versuchen brauchen. Außerdem wollte ich sie wenigstens beim Spazierengehen nicht auch noch tragen müssen. Sie ist auch so mehr oder weniger den ganzen Tag an mir gehangen. Ich bin da absolut ehrlich. So sehr ich meine Tochter liebe, nur das Beste für sie will und natürlich alles mache, damit es ihr gut geht, ich bin trotzdem ein eigenständiger Mensch mit Bedürfnissen. Und zu denen gehört es auch, und das habe ich bereits in den ersten Wochen gemerkt, nicht rund um die Uhr ein Baby an mir dran hängen zu haben. Gerade zu Anfangs hat mich das sehr belastet. Ich hatte das Gefühl meine Tochter nicht genug zu lieben, oder dass ich eine schlechte Mutter bin, weil ich sie auch mal für ein paar Minuten nicht bei mir haben wollte. Doch ich habe auch erkannt wie viel besser ich mit meinen Alltag zu recht kam, als ich es einfach akzeptiert habe. Ich würde alles für sie tun, aber ich löse mich deshalb nicht auf. Daher, und weil ich meinem Rücken die dauernde Tragerei nicht antun wollte, hat sie schnell gelernt im Kinderwagen zu liegen. Das erste Mal lag sie mit ca. einer Woche im Wagerl, und hat es ohne Probleme angenommen. So konnte sie gemütlich schlafen, und ich konnte meinen Kopf frei bekommen und einfach mal ein bisschen Ruhe genießen.
Im Zweiten Monat haben wir das erste Mal größere Besuche gemacht. Ich hatte in dieser Zeit Geburtstag, und wir haben das genützt, um ein paar mehr Leute auf einmal zu sein. Solche Feiern sind für mich schon an sich ziemlich anstrengend. Ich bin niemand der gerne unter vielen Menschen ist und bin schnell gestresst. Aber es war auch sehr angenehm, meine Tochter mal einfach der Großmutter in die Hand zu geben, und mal in Ruhe eine ganze Mahlzeit am Stück zu essen.
Essen war so eine Sache. Meine Tochter hat es perfektioniert immer genau dann zu schreien, wenn wir uns zum Essen setzen wollten. Wir haben sogar versucht das essen zu verschieben, was leider nichts gebracht hat. Sie wollte einfach immer genau dann selbst essen, getragen werden oder was auch sonst immer. Daher haben mein Mann und ich abends versetzt gegessen. Und auch nur Dinge gekocht, die man nach Möglichkeit mit einer Hand essen konnte. Ich habe zu dieser Zeit gemerkt, dass sie manche Dinge nicht vertrug, wenn ich sie aß. Dazu gehörte vor allem rohes Gemüse (Gurken, Tomaten, Paprika), welches daher aus meinem Speiseplan fiel. Zu meinem großen Leidwesen, da ich eine absolute Gemüseesserin bin. Außerdem gibt es viele tolle Gerichte mit rohem Gemüse, vom Salat bis zu gefüllten Tortillas, und die waren damit auch alle samt gestrichen. Dafür blieben uns durch diese Einschränkungen schlimmere Bauchwehanfälle ihrerseits erspart.
Mit sechs Wochen stehen zwei Arzttermine an. Einer beim Kind, und einer bei der Mutter. Der Kinderarzttermin war insofern etwas anders, als das wir ja immer noch einen Pandemie hatten. Es ist schon recht seltsam, wenn der Kinderarzt im Ganzkörperanzug dein Kind untersucht. Zudem konnten wir durch die Pandemie den Ohrenarzttermin in der zweiten Lebenswoche nicht machen. Das Krankenhaus hat den damals einfach nicht durchgeführt. Daher musste ich den dann separat nachholen. Und habe dafür natürlich einen Rüffel vom Arzt bekommen, warum der nicht gemacht wurde. Da habe ich mal wieder gelernt, als Mutter ist man schnell mal schuld, auch wenn man nichts dafür kann. Bei der sechs Wochen Untersuchung wird auch einen Schluckimpfung verabreicht, gegen Rotaviren, einem Magen-Darmvirus. Meine Tochter hat die nicht gut vertragen und mehrere Tage nach dem Stillen gespieben. Das hat mich extrem verunsichert, da ich es zunächst nicht auf die Impfung bezogen hatte. Erst durch etwas Recherche habe ich erfahren, dass das durchaus öfter vorkommt. Es hört nach einigen Tage von selbst wieder auf. Da sie bereits auf die Impfung so reagiert hat, bin ich doppelt froh sie geimpft zu haben, denn ich will gar nicht wissen, wie sie bei der echten Erkrankung drauf wäre.
Der zweite Arzttermin ist eine Kontrolle der Mutter beim Frauenarzt. Da geht es vor allem darum ob sich alles gut zurück gebildet hat, und ob Verletzungen gut verheilt sind. Laut Entlassungspapieren aus dem Krankenhaus sollte man bis zu diesem Termin keinen Sex haben. Das haben wir gekonnt ignoriert. Wichtig ist dabei auf seinen Körper zu achten, und nur Dinge zu machen die sich gut anfühlen. Aber das sollte beim Sex ohnehin immer so sein. Lasst euch da weder von eurem Mann, noch von irgendjemandem sonst zu irgendwas drängen. Jede Frau ist nach einer Geburt unterschiedlich schnell wieder bereit für Sex, und jede soll sich die Zeit nehmen die sie braucht. Wichtig jedoch: Verhütung. Man kann direkt nach der Geburt schwanger werden. Stillen kann zwar den Einsprung unterdrücken, muss es aber nicht und ist kein sicheres Verhütungsmittel. Daher überlegt euch unbedingt vorher wie ihr verhüten wollt. Bei der Frauenarztuntersuchung wird das auch noch mal Thematisiert. Ich kenne jemanden der sechs Wochen nach der Geburt mit Zwillingen schwanger wurde, ungeplant. Daher hatte ich da ziemlich schiss davor. Wir verhüten mit Kondom, und ich bin sehr froh, dass es bisher gut geklappt hat. Was auch Thema bei diesem Termin ist, ist der Wochenfluss. Dazu habe ich bereits ein Sonderkapitel geschrieben.
Auch wenn der zweite Monat bei uns ein sehr angenehmes und ruhiges war, so ist mir vielleicht gerade dadurch aufgefallen, wie sehr die äußeren Umstände die Zeit beeinflusst haben. Durch die Pandemie waren alle Aktivitäten, die man als junge Mama so machen kann, abgesagt. Von Still- und Mamagruppen bis hin zum Kaffeehausbesuch mit Freundinnen war nichts möglich. Und das macht einen überraschend einsam. Obwohl so ein Baby einen wirklich beschäftigt und ich abends müde genug war, einfach mit ihr um 21 Uhr schlafen zu gehen, so sehr hat mir der Austausch mit Anderen auch gefehlt. Zudem ist man sehr eingeschränkt, wenn man mal jemanden etwas fragen will. In meinem Freundeskreis sind wir die einzigen mit Kind, und auch in der Familie haben wir zwar ein paar Kinder im ähnlichen Alter, der Kontakt zu diesen und deren Eltern ist aber eher locker. Daher habe ich mir bei den meisten Dingen entweder Rat bei meiner Mutter oder Schwiegermutter gesucht, oder es einfach nach dem Bauch entschieden. Zu dieser Zeit war das noch recht einfach und die Entscheidungen auch noch recht überschaubar.
Da Babys am Anfang neben Essen, schlafen und Nähe eigentlich nicht viel brauchen, ist es relativ einfach gewesen, meine Tochter bei Laune zu halten. Solange sie bei mir war, war sie Glücklich. Ich vertrete die Überzeugung, dass man ein Baby, welches nichts außer Bedürfnisse kennt, nicht verwöhnen kann. Daher habe ich immer versucht, so schnell wie möglich heraus zu finden, was sie gerade braucht und es dann einfach zu tun. Wie gesagt, die Anzahl der Möglichkeiten ist zu dieser Zeit noch überschaubar. Mittels Ausschlussverfahren ließ sich auch meist recht schnell erkennen, was gerade Sache war. Außer sie lief neben ihrem Rhythmus, und das war erstaunlich oft der Fall. Ich habe an vielen Stellen gelesen, dass Babys einen Rhythmus beim Essen entwickeln und sich auch eine Anzahl von nassen Windeln über den Tag verteilt einstellt. Meine Tochter war da absolut neben der Norm. Sie hatte zwar ein paar Zeiten am Tag, da hat sie sicher gegessen, aber dazwischen konnte es halt trotzdem immer auch Hunger sein. Sie hat auch immer mehr als die oft gelesenen 5-6 nassen Windeln gehabt. Ob das an den Stoffwindeln, die man erheblich öfter Wechseln muss, lag oder an etwas Anderem weiß ich bis heute nicht. Ich habe manchmal das Gefühl, dass diese Werte einfach ein sehr stark streuender Durchschnitt ist, es also eine sehr große Bandbreite gibt.
Was meine Tochter auch im zweiten Monat angefangen hat, war das gezielte Greifen und Festhalten. Der Greifreflex ist Babys angeboren. Sobald etwas ihre Handfläche Berührt, schließen sich die Finger. Das gleiche passiert auch an den Füßen, weshalb Babys sich so lustig zusammen ziehen, wenn man irgendwo ankommt. Gezielt zu greifen ist jedoch etwas anders. Es verlang, dass das Baby einen Gegenstand fixiert und dann auch mit der Hand erreicht, auch wenn das Greifen dann immer noch automatisch geschieht. Begonnen hat das ganze jedoch eher zufällig. Meine Tochter hatte ein Knistertuch, mit angehängten Ringen und Bändern, das man gut zu Fassen bekommt. Das hat meine Mutter selbst gemacht. Gerade weil sie es immer irgendwo erwischt hat, war es gerade zu dieser Zeit absolut toll. Und da ohnehin alles neu und spannend ist, muss es auch nicht das ausgefallenste aller Spielsachen zu dieser Zeit sein.
Zusammengefasst war unser zweites Monat sehr angenehm und lief eher gemütlich und harmonisch ab. Gestresst hat mich vor allem der Bewegungs- und Aktivitätenmangel. Der kam zwar nicht ausschließlich vom Baby, aber doch auch zu einem großen Teil. Denn was ich durch die etwas gesteigerten Besuche in dieser Zeit auch gemerkt habe, war, dass sie sehr schnell überfordert war. Ihr reichte schon ein bisschen mehr Action als normal, um die nächsten Tage unruhig zu sein. Und da ich es ja für sie und mich so angenehm wie möglich haben wollte, habe ich stets versucht nicht zu viel auf einmal zu verlangen. Zugegeben, gerade wenn man nun einmal nur die Wochenenden mit der ganzen Familie hat, und man ohnehin nicht allzu viel unternehmen kann, ist das erheblich einfacher gesagt als getan. Aber es hat mir sehr geholfen und die Ruhe, die durch weniger, dafür ausgesuchten Kontakt und Aktivitäten entsteht, hat auch für uns Erwachsene einer sehr entspannenden Wirkung. Und wenn man schon weiß, dass viel los sein wird, kann man sich vorher schon darauf einstellen, die Tage danach möglichst nichts vor zu haben.