Stillen

Sobald es in Richtung Geburt geht, kommt unweigerlich auch die Frage: wie wird das Baby denn nun ernährt? Es ist auch gerade kurz nach der Geburt eine gern gestellte Frage von jedem Besucher, Arzt oder auch noch so unbeteiligter Person. Zunächst einmal stellen sich bei diesem Thema zwei Fragen: Was ist das Beste für mein Kind? Und was ist das Beste für mich?

Details

Ersteres lässt sich mit einem Blick in die WHO-Unterlagen zum Thema „Babygerechte Ernährung“ und in so ziemlich jedem Fachartikel zu diesem Thema sehr schnell heraus finden. Stillen ist in den ersten 6 Monaten der beste Weg ein Kind zu ernähren. Muttermilch enthält alle Nährstoffe die ein Baby braucht, in angepasster Menge und genau so wie sie gut aufgenommen werden können. Die Natur hat es so eingerichtet, dass wir unsere Kinder auf diese Weiße ernähren können, bis sie bereit sind, dasselbe zu essen wie wir selbst.


Die zweite Frage ist nicht mehr so eindeutig. Stillen ist kraft raubend, Zeitaufwendig, und ist exklusiv nur von der Mutter durchführbar. Damit ist Betreuung durch eine andere Person für längere Zeit in den ersten Monaten nicht machbar. Abwechselnd aufstehen in der Nacht? Mal eben kurz zur Freundin und das Kind beim Vater gelassen? Nicht machbar. In den ersten Wochen, teilweiße Monaten, stillen Babys sehr oft. Zeitweise im Stundentakt und auch dauerstillen, sogenanntes Clustern, ist ganz normal, gerade am Abend. Das zehrt an den Nerven, ist ermüdend und schränkt extrem ein. Solange das Baby ausschließlich Muttermilch trinkt, sind alle Ausflüge danach zu planen. Sowohl was die Mitreisenden betrifft (ohne Vater weg, kein Problem, ohne Mutter eher weniger) also auch die Stillmöglichkeiten. Ich habe sehr oft im Auto gestillt. Dort ist es ruhig und man ist vor Wetter aber auch vor Blicken geschützt. Mit der richtigen Technik ist es sogar recht bequem. Auch wenn das Baby dann etwas älter ist, und man langsam heraußen hat, wann es ungefähr hungrig ist, ist es mit dem abgeben nicht so einfach. Als meine Tochter fünf Monate alt war, habe ich einen Abend in der Woche in einem Jugendzentrum gearbeitet. Das waren mit Fahrzeit drei Stunden, in denen ich nicht zu Hause war. Das hat sie an sich zu dieser Zeit locker geschafft. Nur halt leider genau zu dieser Tageszeit nicht. Sie hat fast immer Hunger bekommen. Leider hat sie Vorstillen abgelehnt und Flaschenmilch verweigert. Abpumpen hat bei mir nicht funktioniert. Kurz um, es war schrecklich und jedes Mal mit Bauchweh verbunden. Pandemie bedingt hat das Jugendzentrum nach 1 ½ Monaten wieder zugesperrt, und meine Tochter war darüber wohl sehr erleichtert. Weniger einengend wird das Ganze dann mit Einführung der Beikost. Allerdings natürlich nicht von einem Tag auf den Anderen. Mit einigen Monaten der Umstellung muss man rechnen. Zur Beikost schreibe ich noch ein eigenes Sonderkapitel.


Stillen ist anfangs sehr schmerzhaft. Der Milcheinschuss kommt bei jeder Frau, ob sie nun stillt oder nicht. Und er kann ziemlich schmerzhaft sein. Die Brust produziert Anfangs im Überfluss. Zudem ist das Gewebe noch nicht gedehnt, was zusätzlich Schmerzen erzeugt. Es dauert einige Tage, in meinem Fall waren es 4 oder 5, bis die Schmerzen wieder nachlassen. Wird nicht gestillt, ist der Spuk innerhalb kurzer Zeit vorbei. Ohne Nachfrage wird die Milchproduktion einfach wieder eingestellt. Wird gestillt, so richtet sich die Produktion nach der Nachfrage, also wie viel und oft das Baby trinkt. Und das kann dauern. Meine Tochter hat sehr unregelmäßig getrunken, mal lagen fünf Stunden zwischen den Mahlzeiten, dann wieder nur 45 Minuten. Mal hat sie nur sehr wenig, mal sehr viel gestillt. Das ist alles ganz normal und nennt sich Stillen nach Bedarf, sorgt aber leider dafür, dass sich die Menge nicht optimal einstellen kann. Bei mir hat es dazu geführt, dass ich gerade Nachts „ausgelaufen“ bin, und mir daher ein Handtuch neben das Bett gelegt habe, um es unterzulegen wenn das Leintuch nass war. Auch habe ich Still-BHs mit waschbaren Einlagen getragen, damit auch unter tags nichts ausläuft. Übervolle Brüste tun weh, sehr weh. Zum kühlen empfehlen sich Topfenwickel. Man kann auch abpumpen oder ausstreichen, was bei mir leider nicht wirklich funktioniert hat. Gerade am Abend habe ich einfach ein schwaches Schmerzmittel genommen, um schlafen zu können. Hier muss man natürlich darauf achten, eines zu nehmen, dass für stillende Mütter geeignet ist. Am besten die Hebamme oder den Frauenarzt fragen. Auch Apotheker können einem das passende Medikament geben. Der ganze Spuk ist in ein/zwei Tagen wieder vorbei. Jedoch gerade bei Kindern die nach Bedarf stillen, passieren solche Überschüsse recht häufig. Achtung ist bei einem echten Milchstau geboten. Das merkt man an schmerzhaften Verhärtungen, die Milchgänge anzeigen, die nicht richtig abgeflossen sind. Ich hatte solche Staus mehrfach und es ist wirklich Schmerzhaft. Solange kein Fieber auftritt oder man sich schlecht fühlt, ist es jedoch kein Grund zu Besorgnis. Wichtig ist, dass weiter gestillt wird, damit die Milch abfließen kann. Bei Fieber unbedingt zum Arzt, es kann zu einer Brustentzündung kommen, die behandelt werden muss.


Das alles sollte bedacht werden, wenn man sich für oder gegen Stillen entscheidet. Ich habe mich, für stillen entschieden. Dabei hatte ich Glück, denn ich hatte weder Probleme damit meine Tochter richtig anzulegen, noch Probleme mit der Menge. Ich hatte mehr als genug Milch. Gerade zu Beginn kann vieles schiefgehen. Meine Tochter hatte auf einer Seite Probleme beim Andocken. Sie konnte die leicht verformte Brustwarze nicht richtig in den Mund nehmen und war dann natürlich frustriert, weil nichts heraus kam. Die Hebamme im Krankenhaus hat mir daher ein Stillhütchen gegeben, mit dem es super funktioniert hat. Da ich nicht wollte, dass sie nur mit Hütchen trinken kann, allein schon weil ich es ständig irgendwo liegen gelassen habe, habe ich sie immer zuerst ohne versuchen lassen, und das Hütchen nur gegeben, wenn es nicht ging. Die ersten drei Monate hat sie es sehr viel benutzt, teilweise auch auf der Seite, auf der es auch ohne ging. Das Hütchen erleichtert das Trinken, weil es einen besseren Unterdruck erzeugt und zudem leichter in den Mund genommen werden kann. Gerade für schwächere Babys oder bei Verformungen der Brustwarze helfen sie ungemein. Mit drei Monaten war die Hütchenzeit bei uns dann mit einem Schlag vorbei.


Anfangs dauert einmal Trinken sehr lange. Das Baby muss erst lernen wie es geht und auch die Muskeln in den Wangen sind noch nicht so gut ausgebildet, um damit gut und schnell zu saugen. Da kann einmal Satttrinken auch schon mal 40 Minuten dauern. Wenn eine Brust leer ist, wird an der anderen weiter getrunken. Die Milch wird während dem Trinken nachproduziert, wenn das Baby weiter saugt, daher ist die Sorge dass sie ausgeht, zumeist unbegründet. Es gibt Frauen die wenig Milch produzieren, oder Babys die so viel trinken, dass die Produktion nicht hinterher kommt. Aber das merkt man meist schnell. Solltet ihr das Gefühl haben, dass euer Baby nicht satt wird, redet mal mit einer Hebamme oder Stillberaterin. Mit der Zeit wird das Baby immer geübter und damit auch schneller fertig. Keine Sorge, auch in kurzer Zeit bekommt es noch genug zu essen, es ist einfach nur effizienter geworden. Mich hat diese Beschleunigung anfangs sehr beunruhig. Bis ich mal vor und nach dem Stillen die Milchmenge ertastet habe (also wie voll die Brust ist). Ab dann war klar: sie trinkt genug, sie ist nur schneller fertig.


Meine Tochter hat mit knapp drei Monaten einen sogenannten Stillstreik gemacht. Das bedeutet, dass sie aus nicht medizinischen Gründen einfach verweigert zu trinken. Das können nur ein oder zwei Mahlzeiten sein, es kann aber auch länger dauern. Meine Tochter hat ca. zwei Woche große Probleme beim Trinken gemacht. Sie wollte absolute Ruhe habe, und durfte auch nicht zu viel sehen oder hören. Am besten ging es nachts. Das waren sehr anstrengende Tage, da ich neben einem ständig schlecht gelaunten Baby (weil ja trotzdem hungrig) zudem einen Milchstau in der Brust hatte. Der ganze Spuk war dann von einem Tag auf den anderen plötzlich wieder vorbei. Und sie hat von da an das Stillhütchen nicht mehr genommen. Sie wollte es einfach nicht und hat es auch nicht mehr gebraucht. So furchtbar diese Zeit war, so habe ich doch etwas gelernt. Die Kleinen wissen schon, was sie brauchen. Meine Tochter hat sich ihre Mahlzeiten in der Nacht geholt, da hat sie sehr große Menge getrunken und auch recht oft. Tagsüber habe ich ihr die Brust angeboten, und es gelassen, wenn es einfach nicht geklappt hat. Ich war nicht Glücklich, und habe mir natürlich Sorgen gemacht. Aber im Nachhinein war alles halb so schlimm. Schaut auf euer Baby, solange es glücklich ist, seine Umgebung erkundet und zumindest immer mal wieder ein bisschen was trinkt, ist so ein Streik nicht so dramatisch. Solltet ihr das Gefühl haben, etwas stimmt nicht, dann ab zum Kinderarzt.


Ich habe voll gestillt bis meine Tochter sechs Monate alt war. Und es war hart. Nach fünf Monaten wollte ich endlich mal wieder durchschlafen und die Schmerzen durch zu viel Milch gingen mir ziemlich auf die Nerven. Ich mochte auch das Gefühl nicht, wie abhängig meine Tochter von mir war. Ich hatte sehr stark das Gefühl, immer parat stehen zu müssen und das hat mich stark belastet. Es war eine Zeit in der ich auch viel mit meinem Mann gestritten habe. Er hat sich sehr bemüht sie mir wann immer es ging abzunehmen, aber das Stillen konnte er nicht übernehmen. Ich liebe meine Tochter sehr und habe auch durchaus gerne gestillt. Aber dieses Exklusive hat mich mehr belastet als es mir gegeben hat. Viele haben mir gesagt wie schön es doch ist, dass man so was Besonders für das Baby ist. Aber ich möchte von meiner Tochter ja an sich geliebt werden, nicht weil ich die Einzige bin, die ihr Essen geben kann. Dennoch würde ich es immer wieder machen. Es ist etwas Schönes seinem Baby so nahe zu ein, es schafft Ruhe in hektischen Momenten. Und es ist auch praktisch. Man braucht nur sich selbst und das Baby, sonst nichts. Für Schussel wie mich, die immer was vergessen, ist das Gold wert.

Und dann kam die Beikost… Aber das ist ein anders Kapitel.


Als kleinen Nachsatz möchte ich noch gesagt haben: Auch wer sich gegen das Stillen entscheidet, ist eine gute Mutter und macht alles richtig. Warum auch immer man es nicht machen möchte oder kann, jeder Grund ist in Ordnung und diese Entscheidung ist einzig und alleine eine Sache der Frau. Wir leben in einem Land und in einer Zeit, wo Flaschenmilch alles hat was ein Baby braucht. Und es hat auch viele Vorteile sein Baby damit zu ernähren. Am Ende ist es wichtig, dass wir unsere Kinder lieben. Ganz egal, ob sie nun an der Brust getrunken haben, oder nicht.

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