
Der vierte Monat begann bei uns mit einem Paukenschlag. Wir hatten gleich zwei große Familientreffen innerhalb von einer Woche. Wie ihr euch vielleicht erinnern könnt, bin ich kein großer Freund von solchen Treffen. Allein schon die Anfahrt ist mühsam, weil man mit Baby gefühlt mit Reisekoffer anreisen muss. Und die Veranstaltung an sich wird dann ja auch nicht einfacher.
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Wenn ich auf Urlaub fahre, packe ich mit Liste ein, damit ich auch wirklich nichts vergesse. Das mach ich bei Ein-Tages-Touren natürlich nicht. Deshalb bleibt fast immer etwas liegen. Meistens sind es nur kleine Dinge (der zweite Body zum Wechseln, ein Waschschlappen usw.) manchmal aber auch ziemlich wesentliches. Ich habe es sogar einmal geschafft die Windeln zu vergessen… Zum Glück hatten wir eine Wegwerfwindel in Reserve in der Tasche und waren nicht sehr lange unterwegs. Schon alleine das stresst mich ungemein. Dazu kommen bei größeren Feiern immer auch die Menschen an sich. Ich bin zwar nicht gerade ein Eigenbrötler, aber leider auch nicht wirklich sehr gesellig. Eine kleine Runde (max. fünf Personen) reicht mir im Allgemeinen vollkommen aus. Auch da muss ich mich schon genug konzentrieren und bin danach nervlich fertig. Bei mehr als 10 Leuten steig´ ich aus, wenn es geht. Leider stand das in beiden Fällen nicht zu Option.
Zu meiner großen Verwunderung haben wir es alle ganz gut überstanden. Meine Tochter hing zwar sehr an mir, und war auch wie immer in so einem Fall noch ein paar Tage danach unruhig, aber alles in allem war es erträglich. Ich habe erst gar nicht versucht sie dort irgendwo hinzulegen, sondern sie hat auf mir oder meinem Mann geschlafen, wann immer sie müde wurde. Damit ist zwar der Rhythmus für ein paar Tage etwas verdreht, aber man kommt zumindest entspannter durch die ohnehin schon stressigen Termine.
Zu dieser Zeit ist es bei uns endlich warm geworden. Und zwar gleich so warm, dass man auch mal schwimmen konnte. Das hat mich gleich einmal vor mehrere Herausforderungen gestellt. Wir haben sehr viel Gewand aus der Familie bekommen, wo die Kinder schon älter sind und die Sachen nicht mehr passen. In den ersten Monaten wachsen Babys sehr schnell, manche auch so Sprunghaft, dass man gleich eine Größe auslassen kann. Meine Tochter war nie klein für ihr Alter, eher immer im Mittel. Sie ist jedoch recht schlank, was das ganze etwas verzerrt. Und dazu kommt ein Problem: wir haben Stoffwindeln. Egal wie sehr man es auch versucht, Stoffwindeln sind immer größer als Wegwerfwindeln. Und die meisten Hosen, die man so im Handel bekommt, sind nun mal für Wegwerfwindeln gemacht. Das hieß leider oft, das meiner Tochter die Hosen und Bodys zwar von der Breite passten, oder sogar zu weit waren, ich sie aber einfach nicht über die Windel bekam. So mancher wirklich süße Body wurde nur zwei Mal getragen, weil er einfach nicht zugehen wollte. Dazu kam, dass ich leider viele Dinge in passenden Größen hatte, die aber nicht zur Jahreszeit passten. Kinder kommen halt das ganze Jahr über auf die Welt, und sie wachsen auch unterschiedlich schnell. Der zweite Sohn meiner Cousine ist zwischen dem zweiten und fünften Monat nur extrem langsam gewachsen. Meine eigene Tochter ist in dieser Zeit in die Länge geschossen, dass ich mich schon gefragt habe ob es schaffe, dass ich schnell genug die nächste Gewandgröße auftreibe.
In meinem Fall hatte ich Glück, denn es war warm. Meine Tochter ist oft zu Hause nur in Windel und Body gelegen. Unsere Wohnung ist Westseitig und heizt sich innerhalb von sehr kurzer Zeit so auf, dass es selbst ohne Gewand heiß ist. Nachteil dabei ist natürlich, dass man sie auch kaum wieder kühl bekommt, egal wie viel man lüftet.
So oft ich konnte floh ich aus der Wohnung und ins Freibad. Wir wohnen sehr nahe an einem großen See, der gerade im Sommer, da er recht seicht ist, ziemlich warm wird. Das hatte den Vorteil, dass ich auch mit meiner Tochter ins Wasser gehen konnte.
Wasser war so eine Sache bei ihr. Die ersten Male Baden nach der Geburt waren nicht so wirklich ihr Fall. Sie fand es wohl unangenehm da so seltsam in die Wanne gehalten zu werden und wollte auch weder mit dem Waschlappen gesäubert, noch nachher mit dem Handtuch abgetrocknet werden. Das wurde zwar etwas besser, aber Baden war zu dieser Zeit noch immer nicht ihre Lieblingsbeschäftigung (kleiner Spioler: nicht allzu viel später hat sich das sehr stark geändert, aber dazu komme ich in einem späteren Kapitel einmal). Was soll ich sagen: auch der See war nicht wirklich nach ihrem Geschmack. Sie hat sich zwar reinhalten lassen, und fand es wohl auch ganz interessant, aber ohne ging ihr auch nichts ab. Trotzdem war am See liegen immer noch besser als den Nachmittag in der heißen Wohnung zu verbringen. Zu dieser Zeit gab es bei uns kaum pandemiebedinge Einschränkungen, so dass man sich diese Freiheit eigentlich sehr einfach gönnen konnte. Manchmal ist mein Mann nach der Arbeit einfach direkt an den See gekommen und wir konnten als Familie noch ein bisschen Zeit genießen. Das wurde zu dieser Zeit überhaupt sehr wichtig für mich.
Mit Beginn des vierten Monats setze bei meiner Tochter das Zahnen ein. Über das Thema kommt noch ein Kapitel in dem ich das ausführlich besprechen werde. Leider hat das Zahnen aus meinem eigentlich sehr lieben und ruhigen Baby eine ziemliche Raunzerin gemacht. Sie hat nicht wirklich geschrienen oder viel geweint, aber sie hat sehr viel gejammert. Und sie hat angefangen nachts oft wach zu werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sie oft nachts zwischen fünf und acht Stunden durchgeschlafen. Damit war ab diesem Zeitpunkt Schluss. Drei bis vier Mal wach waren keine Seltenheit mehr. Damit war sie untertags neben den Schmerzen natürlich auch Müde, und hat erst recht gejammert. Außerdem hat sie dann gerne am Vormittag noch mal was geschlafen (und kam somit auf drei bis vier Mal schlafen unter tags) und war dann erst recht am Abend noch recht munter. Damit ging das ganze Spiel von vorne los.
Zu dieser Zeit begann ich sehr unter der ganze Situation zu leiden. Ich brauchte ziemlich lange um mich an diesen unruhigen Schlaf zu gewöhnen. Oft bin ich dann sogar von selbst aufgewacht, obwohl sie noch geschlafen hat, und konnte dann nur schwer wieder einschlafen. Dazu kam, dass sie nachts sehr viel gestillt hat. Sie hat, entweder wegen der Zähne oder weil sie immer mehr von ihrer Umgebung mitbekommen hat, tagsüber nur sehr schlecht getrunken. Tatsächlich hatten wir sogar eine echten Stillstreik, in dem sie tagelang fast gar nichts getrunken hat. Ich habe damals wirklich alles versucht, um es für sie so ruhig und angenehm wie möglich zu machen. Trotzdem waren sie und ich gestresst und das Ganze wurde noch schlimmer. Zum Glück hat es sich mehr oder weniger von selbst wieder gelöst. Nach einigen Tagen hatte ich mich soweit damit abgefunden, dass ich sie nicht mehr krampfhaft zwingen wollte, zu essen, und ab dann ist sie wieder von alleine gekommen. Es gab Momente da ging es einfach nicht, aber dann hat sie halt etwas später getrunken. Oder eben nachts, nur das hat mir dann halt wieder den Schlaf geraubt.
Das alles hat mich sehr belastet. Ich habe sogar kurz darüber nach gedacht mit dem Stillen aufzuhören, weil es mich so beeinträchtigt hat. Der ganze Tag hat sich eigentlich nur um die Frage wann und wie viel meine Tochter getrunken hat gedreht. Zudem hat sie gerade abends und nachts sehr viel getrunken, also genau die Zeiten in denen sie auch mein Mann hätte nehmen können, nur dass er natürlich nicht stillen kann. Daher hing sie wieder an mir, und das hat mich noch mehr belastet. Bis zu diesen Zeitpunkt habe ich versucht meinen Mann nach Möglichkeit nachts zu entlasten. Er musste ja in der Früh raus und in der Arbeit munter und leistungsfähig sein. Leider hat das noch mehr dazu geführt, dass ich meine eigenen Energiereserven aufgebraucht habe. Und ich wurde richtig eifersüchtig auf ihn, weil er einfach aus der Türe gehen konnte, und die Kleine bei mir lassen konnte, ich das umgekehrt aber nicht konnte. Gerade das hat dann regelmäßig zu Streit zwischen uns geführt.
Wir haben einander zu diesem Zeitpunkt leider oft nicht verstanden. Vieles lag sicher daran, dass er, bei nur zwei ganzen Tage die Woche voll zu Hause, naturgemäß nicht so viel von dem mit bekam, was sie machte. So hat er oft gemein, sie wäre eh brav, einfach weil am Wochenende ohnehin immer wir beide daheim waren, so dass der andere immer einspringen konnte. Vieles lag aber auch an mir. Ich war zu sehr mit meinen eigenen Problemen beschäftigt, um zu sehen wie viel er mir half und wie oft ich ihm unrecht tat, wenn ich das Gefühl hatte, er würde warten bis ich die Kleine nahm. Ich konnte sie einfach bereits besser lesen und reagierte daher schneller. Ich musste mich erst selbst daran erinnern, dass ich nun mal die meiste Zeit mit ihr verbrachte, und sie daher auch am besten verstand.
Diese Verständnis-, aber auch Verständigungsproblem, weil wir einander unsere Probleme nicht so richtig erklären konnten, haben wir leider in die nächsten Monate mit genommen.
Mein Fazit über den vierten Monat ist eher mäßig. Auf gewisse Weise haben damit unsere größeren und kleineren Probleme angefangen. Vieles, wie das Zahnen, hätte ich auch nicht anders machen können. Anderes, wie die Probleme zwischen mir und meinem Mann, hätten mit einer besseren Kommunikation sehr schnell behoben werden können.
Zu guter Letzt kann ich nur sagen: auch wenn ihr natürlich Rücksicht auf euren Partner nehmen sollt, so solltet ihr euch selbst dabei nie aus den Augen verlieren. Ihr helft niemandem, wenn ihr eure ganze Energie verbraucht und am Ende für eurer Kind nicht mehr da sei könnt, weil alles zu viel geworden ist. Nehmt euch auch freie Zeiten für euch. Auch der Partner kann mal nachts Wickeln, damit ihr weniger aufstehen müsst. Abends ruhig mal früher schlafen gehen, oder wenn ihr das lieber wollt ein Buch lesen oder euch sonst einfach Zeit für euch nehmen. Und redet offen und ehrlich mit einander. Viele Probleme lösen sich dann wie von selbst.