
Unser Hund ist eine große Bereicherung für uns alle. Ich bin der Meinung, dass das Aufwachsen mit einem Haustier sehr gut für Kinder ist, weil sie Rücksichtnahme und auch Verantwortung von Anfang an vorgelebt bekommen und damit auch erlernen. Zudem ist der Kontakt zu Tieren aus meiner Sicht entspannend und fördert Empathie. Am Ende muss natürlich jeder selbst entscheiden was das Beste für die Familie ist. Ich würde unseren alten Herren aber nicht missen wollen.
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Unser Hund kam nicht als Welpe zu uns, ich habe ihn mit zwei Jahren von einer Bekannten bekommen. Sie haben ihn aus dem Ausland, er ist ein ehemaliger Straßenhund. Ich war damals 18 und hatte noch keine Erfahrung mit Hunden. Ich habe mir alles selbst beigebracht und ihm dann auch. Er kennt alle gängigen Grundkommandos und wir waren auch später in der Hundeschule (wir haben die Einsteigerprüfung, sozusagen die Pflichtschule, gemacht). Kurzum, er ist erzogen, wenn auch nicht perfekt. Aber das Beste an ihm ist sein Charakter. Obwohl nicht mehr der jüngste war, war er immer bereit Neues zu lernen. Immer lieb zu allen Menschen, besonders zu Kindern, und sehr ruhig im Umgang. Ich konnte ihn überall hin mitnehmen (was ich auch gemacht habe. Er war auf der Uni, ebenso wie im Einkaufszentrum, auf dem Berg, im Restaurant usw. Ich hatte in später sogar eine Zeit lang im Büro mit). Nie hat er Probleme gemacht. Selbst Menschen, die Hunde nicht so mögen, finden ihn meistens süß.
Als ich mit meinem mittlerweile Ehemann zusammen gezogen bin, habe ich „Schnauffel“ (den Namen hat er irgendwann als Spitznamen bekommen und manchmal habe ich das Gefühl darauf hört er besser als auf seinen echten Namen) bei meinen Eltern gelassen. Ein Haus mit großem Garten ist einfach besser für einen Hund als eine kleine 2-Zimmer-Wohung mit winzigem Balkon. Außerdem habe ich damals Studium gewechselt und konnte ihn nicht mehr einfach mitnehmen. So kam es, dass er mehr zum Hund meiner Eltern, als zu meinem wurde.
Als meine Mutter sich den Knöchel gebrochen hatte, war er dann wieder eine Weile bei uns. Dabei habe ich ihn auch in die Arbeit mit genommen. Damals habe ich gemerkt, was alles geht, wenn man es nur will. Als ich dann schwanger war, wollte ich ihn unbedingt zu uns holen. Ich wollte, dass meine Tochter mit einem Tier im Haushalt aufwächst. Außerdem würde ich ja dann zu Hause sein, er müsste dann also nie alleine bleiben. Leider hat das wieder zu uns umsiedeln nicht funktioniert. Er war sehr gestresst, hatte vor vielen Dingen in der Stadt große Angst und hat sich kaum anpassen können. Auch wenn wir in einer Kleinstadt leben. Meine Eltern leben noch ruhiger und er kommt mit ihnen leider nicht mehr so viel herum wie früher. Schließlich habe ich ihn doch vor der Geburt wieder zu meinen Eltern gebracht. Vielleicht war er mit seinen fast 11 Jahren einfach schon zu alt für eine erneuten Ortswechsel unter doch sehr anderen Bedingungen.
Trotzdem haben wir versucht ihn auf die Ankunft der Kleinen vorzubereiten. In unserem Fall hieß das, dass er eine Box für seinen Platz bekommen hat. Das hatte zwei Gründe. Zum einen konnte er sich so vor der Kleinen zurückziehen, zum anderen konnten auch wir ihn besser auf seinen Platz schicken und im schlimmsten Fall auch die Box schließen. Tatsächlich haben wir diese Notlösung nie gebraucht und mittlerweile liegt er wieder ohne Box herum. Trotzdem bin ich froh es versucht zu haben. Unter anderen Umständen, mit einem anderen Hund, wäre ich womöglich sehr froh über diese Möglichkeit gewesen.
Unsere Fellnase hat sich an unserer Tochter nie gestört. Als sie noch sehr klein war hat er sie meistens einfach ignoriert. Ihr Schreie hat ihn nie großartig tangiert. Ich glaube es hat ihn nur gestört, dass er weniger gestreichelt wurde, weil alle auf das Baby geschaut haben. Als sie älter wurde und öfter am Boden lag, hat er sich gerne zu ihr auf die Decke gelegt. Er war immer sehr vorsichtig, um nicht an ihr anzukommen oder so etwas. Auch als sie dann zu krabbeln begonnen hat, ist er meistens einfach ausgewichen, hat seinen Füße ganz eng angezogen und versucht nur ja kein Hindernis zu sein. Oder er ist einfach geflüchtet, außerhalb ihrer Reichweite.
So etwas wie Beschützerverhalten hat er keines entwickelt. Darüber bin ich aber auch sehr froh. Nur kurz bevor meine Tochter auf die Welt kam, hat eine Hündin, deren Familie gerade ein Baby bekommen hat, unseren Hund angegriffen, weil sie ihn für eine Bedrohung gehalten hat. Er war allerdings gut 100 Meter entfernt und hat den Kinderwagen nicht einmal angeschaut. Zum Glück ging das ganze glimpflich aus, der Tierarzt konnte das halb durchtrennte Ohr wieder annähen. Seither bin ich sehr froh, wenn er einfach gar nicht auf die Kleine reagiert, das ist sicher für alle in der Umgebung besser.
Als meine Tochter zu gehen begonnen hat, hat sie sich manchmal an ihm festgehalten. Das haben wir natürlich versucht zu unterbinden, manchmal ist es aber trotzdem passiert. Er war dann immer wie eingefroren und hat, sobald sie ihn losgelassen hat, das Weite gesucht. Wenn auch nicht für lange. Je mobiler sie wurde, um so mehr schien er sich für sie zu interessieren. Allerdings eher in dem Sinne, dass er sie wahrnahm und mehr auf sie eingegangen ist. So geht er jetzt sogar hinter ihr her, geht weg, wenn sie an ihm vorbei will und wartet sogar, wenn sie beim spazieren gehen zurück bleibt. Er scheint sie immer mehr als Teil des Rudels wahrzunehmen.
Leider ist er im letzten Jahr sehr stark gealtert. Mit mittlerweile 12 Jahren ist er halt auch nicht mehr der jüngste. Dazu kommen einige Gebrechen, besonders eine Hüftfehlstellung, und eine gewisse Eigenwilligkeit beim fressen, weswegen er jetzt Frischfutter gekocht bekommt. Wie viel mehr Aufwand das ist, durfte ich dann selbst merken, als wir ihn für zwei Wochen hatten, während meine Eltern auf Urlaub waren. Ein schon etwas in die Jahre gekommener Hund und ein 1 ½ Jähriges Kind sind nur bedingt kompatibel wenn es um Gehdistanzen, Geschwindigkeit und Rhythmus geht. Ich habe mehr als einmal die Nerven weggeschmissen und wäre am liebsten einfach alleine nach Hause gegangen um zu weinen. Ich glaube es ist einfacher, wenn Hund und Kind zusammen wachsen, und es nicht wie bei uns immer nur Besuche sind. Dann spielt sich das besser ein. So musste der alte Herr sich an uns anpassen, und sein Rhythmus ist leider nicht wirklich unserer.
Doch nach zwei Wochen hatten wir uns dann soweit zusammen gerauft, das es sehr harmonisch war. Gerade die letzten Tage habe ich sehr genossen und auch meine Beiden Babys schienen sich gut zusammen gefunden zu haben. Meine Tochter hat gelernt ihn richtig zu streicheln, und er lässt sich von ihr sogar knuddeln (was sonst eigentlich nur ich wirklich machen darf). Sie kann ihn sogar an der Leinen führen. Er passt super auf, bleibt stehen wenn sie stehen bleibt und reagiert sofort, wenn sie die Richtung wechselt. Nur Hören tut er leider gar nichts mehr. Das ist bei einem manchmal spontan kreischenden Kind aber gar nicht mal so unpraktisch. Für mich ist es noch etwas gewöhnungsbedürftig, weil ich immer versuche ihn zu rufen, obwohl das sinnlos ist. Zum Glück habe ich ihm von Anfang an alle Kommandos auch mit Handzeichen beigebracht. Daher ist er immer noch recht gut zu führen, ohne Leine geht halt nicht mehr.
Zum Schluss noch etwas trauriges. Der alte Herr hatte einen Milztumor, der leider erst entfernt wurde, nachdem er bereits aufgeplatzt war. Wir warten jetzt noch auf die Ergebnisse, ob er bereits Metastasen gebildet hat, und starten dann mit einer Chemotherapie. Ich hoffe, dass er es gut übersteht und wir noch ein schöne Zeit mit ihm haben können. Egal wie es kommt, er ist eine Bereicherung für uns alle und ich würde die Zeit mit ihm nicht missen wollen. Ich halte euch auf dem Laufenden wie es weiter geht.